Peter Reichelt

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Das Porträt: Ina Brockmann und Peter Reichelt verschicken fertig kuratierte Fotografie-Ausstellungen in die ganze Welt

Mit Micky Maus auf Reisen Von unserer Mitarbeiterin Bernadett Groß

"Aus dem Nichts etwas zu schaffen, das hat mich immer schon fasziniert",
sagt Peter Reichelt. Das "Nichts" sind die Ideen im Kopf des
50-Jährigen, und das "Etwas", das daraus entstand, würde eine lange
Liste füllen. Seit 15 Jahren hat sich sein Betätigungsfeld gewandelt -
spätestens seit dem Zeitpunkt, als sich die Wege des damaligen
Fernsehproduzenten mit denen der Literaturwissenschaftlerin Ina
Brockmann kreuzten und beide beschlossen, fortan zusammenzuarbeiten.

Zwei unterschiedliche Charaktere
Zwar stünden in der Liste immer noch wie früher Arbeiten fürs Fernsehen
- jedoch nicht mehr die Produktion von Talkshows, sondern
sozialkritische Beiträge für Politmagazine und ein mutiger Film über
Scientology. Die Zusammenarbeit der beiden unterschiedlichen Charaktere
- er, der Ideenreiche und Assoziative, sie, die Systematikerin und
Realistin - erweist sich aber vor allem auf einem anderen Gebiet als
fruchtbar und hat bis heute als "Reichelt und Brockmann GmbH" Bestand:
als Produktionsgesellschaft von Foto-Ausstellungen.

Das Museum Kornwestheim zeigt bis Ende August Bilder der
"Shackleton-Expedition" von 1914, in denen der Fotograf statt der
Durchquerung der Antarktis ihr Scheitern und einen dramatischen
Überlebenskampf dokumentierte. In Wien endete gerade eine Ausstellung
mit Aufnahmen Grace Kellys. Das Holocaust-Center in Oslo präsentiert
gegenwärtig eine Leni-Riefenstahl-Schau, die an der Nazi-Berühmtheit
eine Form der Vergangenheits-(Nicht)bewältigung aufzeigen will. Auch
Ausstellungen mit Werken der Fotografin Linda McCartney, über Audrey
Hepburn oder zur zeichnerischen Entwicklung von Micky Maus stammen aus
der Mannheimer "Werkstatt". In einem Neun-Quadratmeter-Zimmer in
Reichelts Elternhaus im Mannheimer Süden ereignet sich der größte Teil
der Umsetzung des "Nichts", der Idee, in das "Etwas" einer Ausstellung.
Von zwei Schreibtischen aus findet die Realisierung statt, zwischen
Stapeln von Papieren, voll gestopften Ikea-Holzregalen und Wänden, auf
denen sich angepinnte Briefe, das Foto einer Büste des NS-Architekten
Speer (zu dem Reichelt aus historischem Interesse schon als Jugendlicher
Kontakt aufbaute) und Postkarten versammeln.

Marilyn Monroe, gesehen vom Fotografen Bert Stern, war ihre erste
gemeinsame Unternehmung. Sie war 1993, wie später ihre
Klaus-Kinski-Schau, auch im Mannheimer Reiss-Museum zu sehen. Immer sei
es, so die Kuratoren, das Interesse an einem Menschen und seiner
Biografie, aus dem sich alles Weitere entwickle. Die Verbindung zu Bert
Stern stand am Anfang. Dann galt es, wie bei allen nachfolgenden
Projekten, Bilder zu sichten, eine Ausstellung zusammenzustellen und
Texte zu schreiben. Und sich auf die Suche nach "Mietern" zu machen.

Naherholung für die Familie
"Die Vermarktung ist der härteste Job", sagt Brockmann. Schließlich sind
Verträge abzuschließen, Transporte und Aufhängung zu organisieren. Dass
sich Museen finden, liegt auch daran, dass Reichelt und Brockmann zwei
Fliegen mit einer Klappe schlagen. Die künstlerische Qualität der Fotos
und die Ausstellungsthemen ziehen die Massen an. Wer wollte nicht gern
mal hinter die Fassade einer Filmdiva blicken oder einer Expedition
folgen, bei der es um Leben und Tod ging? "Wir bieten Naherholung", sagt
Ina Brockmann, "ein familientaugliches Programm mit künstlerischer
Wertigkeit". Natürlich hat Reichelt weitere Ideen: "Ich träume von einem
Haus in Mannheim und einem Museum für unsere Projekte." Mal sehen, ob
aus dem "Nichts" ein "Etwas" wird. . .

Mannheimer Morgen
19. August 2008